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Tokenisierung von Vermögenswerten

Welche Chancen bietet die Tokenisierung von Vermögenswerten? Erfahre, wie diese Innovation funktioniert, welche Trends es gibt und welche Herausforderungen noch bestehen. Von Xavier Lavayssière.

Lesezeit: 7 Min.

Die Tokenisierung von Vermögenswerten, also der Prozess der Umwandlung verschiedener Finanzanlagen wie Aktien, Anleihen, Immobilien und Rohstoffe in digitale Token, kann neue Investitionsmöglichkeiten für die breite Öffentlichkeit bieten. Die Tokenisierung demokratisiert den Zugang zu Finanzprodukten, die zuvor weniger leicht zugänglich waren, und verbessert gleichzeitig die Funktionsweise digitaler Finanzinfrastrukturen.

Tokenisierung von Vermögenswerten

Infolgedessen sehen wir Startups und institutionelle Projekte, in denen mit der Technologie experimentiert wird. Dies birgt jedoch auch neue Risiken, und die Einführung bleibt eine Herausforderung. Um mehr darüber zu erfahren, wie die Tokenisierung funktioniert und um aufkommende Trends zu erkunden, lies den vollständigen Artikel von Xavier Lavayssière, Experte für digitale Finanzen.

Welche Möglichkeiten bietet die Tokenisierung von Vermögenswerten? Von Xavier Lavayssière, Experte für digitale Finanzen, der Regierungen und Zentralbanken bei der Verbesserung ihrer Finanzinfrastrukturen berät.

In den letzten Jahren ist das Interesse von PrivatanlegerInnen am Zugang zu neuen Vermögensanlagen, die Fintech-Innovationen ermöglichen, deutlich gestiegen. Trading-Apps und Kryptowährungen haben die breite Öffentlichkeit für das Trading begeistert. Der Online-Boom hat eine ganze Finanzindustrie für Privatkunden und -kundinnen entstehen lassen, die sich durch vereinfachte Finanzprodukte und TikTok-Influencer auszeichnet.

Eine Innovation ist ebenfalls aufgetaucht: die Tokenisierung von Vermögenswerten, die Umwandlung von klassischen Geldanlagen wie Aktien und Anleihen in digitale Abbildungen. Sie kann die Anlagemöglichkeiten für PrivatanlegerInnen weiter verbessern, indem sie einen breiteren Zugang zu Vermögenswerten bietet und zur Modernisierung der Finanzmarktinfrastrukturen beiträgt. Dieser Artikel zeigt, wie die Tokenisierung funktioniert, welche Trends aufkommen und welche Herausforderungen noch bestehen.

Was ist Tokenisierung?

Die Tokenisierung von Vermögenswerten bezieht sich auf die Abbildung realer Vermögenswerte – wie Aktien, Anleihen oder Währungen – durch digitale Token. In den meisten Fällen sind diese Token eine digitale Abbildung auf einer Blockchain oder einer vergleichbaren Distributed Ledger Technology (DLT).

Die Tokenisierung hat in letzter Zeit unter Fintech-EnthusiastInnen als möglicher Weg zur Transformation traditioneller Finanzmärkte an Dynamik gewonnen. BefürworterInnen argumentieren, dass die deutlich geringere Abhängigkeit von VermittlerInnen die Effizienz steigern, Abrechnungsfehler reduzieren, leichteren Zugang für InvestorInnen ermöglichen und den Grundstein für noch größere Innovationen im Bereich der Finanzinstrumente legen könnte. Um die Vorteile der Tokenisierung zu nutzen, sind jedoch zunächst verschiedene technologische, regulatorische und koordinatorische Herausforderungen zu bewältigen.

Hier sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es eine ähnliche Vorstellung von Daten-Tokenisierung im Zahlungsverkehr gibt. In diesem Zusammenhang wird ein digitaler Token erstellt, um sensible Daten wie Kreditkarteninformationen zu repräsentieren. Diese Form der Tokenisierung verstärkt die Sicherheit von Zahlungsvorgängen.

Wie funktioniert die Tokenisierung von Vermögenswerten?

Die Tokenisierung geschieht parallel auf drei Ebenen:

1. Die technische Ebene: Ein digitaler Token wird erstellt, was zusätzlich auch die Entwicklung eines Smart Contracts beinhalten kann, der den Token repräsentiert. Dieser Smart Contract steht dann auf einer öffentlichen oder privaten Blockchain bereit.

2. Die rechtliche Ebene: Rechtliche Ansprüche sind mit diesem Token verbunden. Bei der Tokenisierung von Daten ist das zentrale und wichtigste Element die Verbindung zwischen dem Vermögenswert, dem Token und dem Besitzer bzw. der Besitzerin. Jede dieser Verbindungen lässt sich direkt oder durch Vermittlung darstellen.

3. Die kommerzielle Ebene: Die Ausgabe des neu emittierten Tokens an die InvestorInnen erfolgt zu einem bestimmten Preis. Üblicherweise findet der Sekundärhandel auf einer digitalen Plattform statt, die diesen Service kommerziell anbietet.

Bei den jüngsten Tokenisierungsprojekten haben sich einige wichtige Trends herauskristallisiert:

Stablecoins

Der erste Trend sind Stablecoins. Stablecoins sind digitale Token, die eine Währung wie den Euro oder den US-Dollar in der Blockchain abbilden. In großen und bekannten Projekten, wie USDC und Tether, sind die Token durch eine Reserve in entsprechender Höhe abgesichert. Die EU-Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation, MiCAR) legt strenge Regeln für solche Reserven fest. Stablecoins bilden heute bereits mehr als 100 Milliarden Dollar ab.

Konvertierung von Vermögenswerten

Ein zweiter Trend sind tokenisierte “Real World Assets”, also digitale Abbildungen realer Vermögenswerte, bei denen Startups bestehende Assets in Token umwandeln. Die beliebteste Kategorie sind Staatsanleihen, die AnlegerInnen weltweit unter anderem den Zugang zu US-Staatsschuldverschreibungen ermöglichen. Unternehmensanleihen und Aktien sind bei AnlegerInnen ebenfalls gefragt.

Tokenisierte Real World Assets zielen in der Regel auf Krypto-AnlegerInnen ab, die in verschiedene Anlageklassen investieren möchten, indem sie das Beste aus beiden Welten vereinen. Es gibt darüber hinaus auch erste Versuche, Dinge abseits von klassischen Finanzprodukten zu tokenisieren, beispielsweise Kunstgegenstände oder CO2-Zertifikate.

Tokenisierte Finanzinstrumente

Ein dritter Trend ist die Schaffung einer tokenisierten Version von klassischen Finanzinstrumenten durch öffentliche Institutionen und Finanzinstitute. In diesem Fall ist es das langfristige Ziel, durch die Tokenisierung die Effizienz zu steigern. Zum Beispiel hat die Europäische Investitionsbank mehrere europäische Anleihen und Pfund Sterling im Wert von Hunderten Millionen digital ausgegeben.

Andere Banken wie die UBS, die Société Générale und JPMorgan haben bereits ähnliche Projekte gestartet. Dabei kann es sich sowohl um Experimente in Zusammenarbeit mit nationalen Zentralbanken, als auch um großangelegte Emissionen oder um Dienstleistungen für Dritte handeln.

Verbleibende Herausforderungen für die Tokenisierung

Obwohl die Tokenisierung zunehmend an Bedeutung gewinnt, bleiben einige Herausforderungen bestehen:

Schwacher Rückhalt und geringes Vertrauen

Viele Token dienen als abstrakte Abbildung von Vermögenswerten. So kann ein Token beispielsweise lediglich einen Bruchteil eines Eigentumsanspruchs an einer Immobilie repräsentieren, statt eine klassische Besitzurkunde in digitaler Form darzustellen. Diese indirekte Abbildung eines Assets kann das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Tokens aufweichen, insbesondere dann, wenn der Rechtsweg eingeschränkt ist.

Tokenisierungsprojekte können aktuell noch dazu führen, dass letztlich keine tatsächlichen Eigentums- oder wirtschaftlichen Rechte erworben werden. Solche falschen Versprechungen bergen immer das Risiko, das Interesse an der Tokenisierung und ihren Ruf langfristig zu beschädigen. Bei Stablecoins, die als tokenisierte Fiatwährung fungieren, sind Reserven von entscheidender Bedeutung.

Allerdings wurde der bekannteste Vertreter, Tethers USDT-Token, immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob seine angegebenen Fiatwährungsreserven tatsächlich vollständig und zuverlässig geprüft sind. Während digitale Zentralbankwährungen wie Chinas eCNY eine 1:1-Einlösung in Renminbi ermöglichen könnten, stehen private Stablecoins weiterhin vor Fragen hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit ihrer Reserven.

Unerprobte Zuverlässigkeit der Plattformen

Viele frühe Projekte zur Tokenisierung von Vermögenswerten waren einmalige Machbarkeitstests auf zugangsbeschränkten, privaten Blockchains. Der Übergang zu industrietauglichen Lösungen und öffentlichen Blockchains wie Ethereum hat teilweise Probleme oder zumindest Herausforderungen in Bezug auf Sicherheit, Transaktionsgebühren, Geschwindigkeit und Verwaltungsstillstand aufgedeckt.

Sind diese technologischen Grundlagen bereit für regulierte und relevante Finanzanlagen? Die meisten bestehenden öffentlichen Blockchains bieten ganz andere Sicherheitsmechanismen als zentralisierte Marktinfrastrukturen. Können verteilte Ledger und Blockchains den Anforderungen einer modernen Wertpapierabwicklung gerecht werden und gleichzeitig den Aufwand für die AnwenderInnen minimieren? Mehrere Projekte wie Vortex von Petale oder das Regulated Liability Network befassen sich derzeit mit genau dieser Frage.

Kompromisse bei der Tokenverwahrung

Die Eigentumsansprüche an Vermögenswerten lassen sich nicht immer perfekt von traditionellen Wertpapieren auf tokenisierte Modelle übertragen. Selbstverwahrungsansätze, bei denen BenutzerInnen die volle Kontrolle über ihre eigenen Token haben, spiegeln das Ethos der Dezentralisierung wider. Es kann jedoch problematisch sein, die Wiederherstellung von Vermögenswerten im Falle des Verlusts privater Schlüssel zu garantieren oder jederzeit die Einhaltung von allen Compliance-Vorgaben sicherzustellen.

Daher könnten spezielle Verwahrstellen für regulierte Institutionen notwendig sein, um allen gesetzlichen Pflichten nachzukommen. Bei solchen Verwahrungsmodellen sind wiederum spezifische und verbindliche Vorschriften erforderlich, um Fragen der Haftung, der treuhänderischen Verantwortung und des Umgangs mit Ereignissen wie dem Ausfall einer Einrichtung zu klären.

Es werden darüber hinaus auch hybride Optionen entwickelt, wie zum Beispiel Berechnungssysteme mit mehreren Beteiligten, die vereinfachte Abläufe ohne Einbußen bei der Einhaltung von Vorschriften oder der Qualität der Dienste ermöglichen könnten.

Betrug

Trotz der Versprechungen, den Zugang zur Finanzwelt zu verbessern, werden Kryptoanlagen immer noch häufig mit Betrug, Schwindel und anderen illegalen Aktivitäten in Verbindung gebracht. Obwohl die meisten Regulierungsbehörden inzwischen Verfahren zur Überprüfung der Kundenidentität (Know your customer, KYC) vorschreiben, gibt es immer wieder Phishing- oder ähnliche Betrugsversuche im Zusammenhang mit öffentlichen Blockchains.

Damit die Tokenisierung weiter an Bedeutung gewinnen kann, ohne ihre Vorteile zu verlieren, müssen daher die richtigen Verfahren und Vorschriften zur Vorbeugung und zur Bekämpfung von Betrug und Geldwäsche vorhanden sein.

Uneinheitliche Umsetzungen

Die Verbreitung von tokenisierten Vermögenswerten in fragmentierten Regulierungssystemen behindert die Entwicklung und die Einführung der Technologie. Die Kosten für die Einhaltung aller Vorschriften und die Bedenken hinsichtlich der Haftung führen häufig dazu, dass Startups zwei Ansätze verfolgen: eine umsichtige Strategie, die Vermögenswerte und AnlegerInnen streng kontrolliert, oder das exakte Gegenteil, indem sie sich für freiere Rechtssysteme entscheiden, was aber zu einem erhöhten Risiko führen kann.

Es bedarf einer weltweiten Abstimmung der Regulierungsbehörden über grundlegende Konzepte in Bezug auf Verwahrungsanforderungen, Kapitalrücklagen, Datenschutz und Streitschlichtungsmechanismen. Tokenisierte Vermögenswerte als eine ganz neue Produktklasse zu verstehen, statt sie in bestehende Finanzrahmen zu zwängen, würde ihren einzigartigen technischen Eigenschaften und Risikoprofilen gerecht werden.

Die Zukunft der Tokenisierung: Harmonisierung und Aufklärung

Da die Tokenisierung von Vermögenswerten an Fahrt aufnimmt, sind eine Abstimmung und gemeinsame Standards erforderlich, um Risiken zu bewältigen und gleichzeitig verantwortungsvolle Innovationen zu fördern. Die Aufklärung von AnlegerInnen, EntwicklerInnen und politischen EntscheidungsträgerInnen wird ebenfalls entscheidend sein, um künftig Fallstricke zu vermeiden und um die Chancen der Technologie nutzen zu können. Mit einer durchdachten Governance könnte das Phänomen Tokenisierung die Finanzmarktinfrastruktur und die Beteiligung an ihr tiefgreifend und nachhaltig verändern.

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Von Xavier Lavayssière

Zusätzliche Information: Experte für digitale Finanzen, er berät Regierungen und Zentralbanken zu Finanzinfrastrukturen und Technologiepolitik.

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