Eine Frau sitzt auf einem Stuhl und blickt in die Kamera.

Wie dich das Hochstapler-Syndrom davon abhält, mehr Geld zu verdienen

Du zweifelst an deinen Erfolgen und Talenten? Dann leidest du möglicherweise am Hochstapler-Syndrom. Wie es deine Karriere behindert und wie du es loswerden kannst, erfährst du hier.

Lesezeit: 7 Min.

Unsere heutige Gesellschaft ist sowohl für das männliche als auch das weibliche Geschlecht ein ewiger Hindernislauf. Geschlechtsspezifische Vorurteile und Stereotype halten sich wacker und festigen überholte gesellschaftliche Strukturen und Denkweisen. Aber insbesondere Frauen begegnen diesen Hindernissen immer wieder, vor allem, wenn es um die eigene Karriere geht – sowohl in ihrer physischen als auch mentalen Form. Eines der besonders hartnäckigen, mentalen Hindernisse ist das sogenannte Hochstapler-Syndrom (engl. “imposter syndrome”), das an den eigenen Fähigkeiten und Errungenschaften zweifeln lässt – und sich negativ auf die eigene Karriere auswirken kann. In diesem Beitrag erfährst du, woran du erkennst, ob du vielleicht selbst an dem Hochstapler-Syndrom leidest und wie du Selbstzweifel im besten Falle ganz loswirst.

Das Gefühl, ein Hochstapler zu sein

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwierig es sein kann, sich einzugestehen, dass man an Symptomen des Hochstapler-Syndroms leidet – und wie anstrengend das Ganze sein kann. Zu Beginn sind da nur kleine Gedanken des Zweifels, die sich wie Nieselregen kaum merklich in den Arbeitsalltag einschleichen. Man schenkt ihnen keine Beachtung, wischt sie gedanklich weg und macht weiter. Aber wie man so schön sagt, findet das Wasser seinen Weg, und aus dem Nieselregen werden kleine Bäche aufdringlicher Gedanken, die deine eigene Kompetenz immer wieder in Frage stellen. Plötzlich hinterfragst du die Ausführung jedes Projekts und jeder Aufgabe:

“War das gut genug?”

“Hätte ich mehr machen können und sollen?”

“Was, wenn alle merken, dass ich eigentlich gar nicht weiß, was ich hier tue?”

Bist du erstmal in diesem Gedankenkarussell gefangen, ist es gar nicht so leicht, wieder auszubrechen, da du deine Fähigkeiten, Erfahrung und Errungenschaften konstant minimierst und glaubst, dass du für diesen oder andere Jobs einfach nicht gut genug bist. Das Schlimme daran: Meist ist genau das Gegenteil der Fall. 

Obwohl Studien zeigen, dass das Hochstapler-Syndrom in allen demographischen Schichten vorkommt, scheinen primär Frauen davon betroffen zu sein. Aber was ist das Hochstapler-Syndrom genau und leiden Frauen wirklich mehr darunter als Männer?

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Betrifft das Hochstapler-Syndrom Frauen stärker als Männer?

Das Phänomen des Hochstapler-Syndroms wurde erstmals in den späten 1970er Jahren von den Psychologinnen Pauline R. Clance und Suzanne Imes in einem Artikel mit dem Titel “Das Hochstapler-Phänomen bei leistungsstarken Frauen: Dynamik und therapeutische Intervention” beschrieben. Ihrer Studie zufolge löse das Hochstapler-Syndrom ein inneres Gefühl intellektueller Falschheit aus, bei dem die Person ihre Leistungen und Erfolge nicht dem eigenen Können zuschreibe sowie die eigenen Fähigkeiten minimiere. Zunächst gingen Clance und Imes davon aus, dass das Hochstapler-Syndrom primär nur leistungsstarke Frauen beträfe. Tatsächlich weisen viele Studien darauf hin, dass generell besonders Frauen unter dem Gefühl leiden, ein Betrüger zu sein. Aus einer Studie von KPMG aus dem Jahr 2020 ging hervor, dass 75 % der befragten 750 weiblichen, leistungsstarken Führungskräfte im Laufe ihrer Karriere schon einmal unter dem Hochstapler-Syndrom gelitten haben. Ganze 85 % glauben sogar, dass das Hochstapler-Syndrom bei den meisten Frauen in amerikanischen Konzernstrukturen auftritt. 74 % der Befragten gehen zusätzlich davon aus, dass ihre männlichen Kollegen in ähnlichen Positionen sehr viel seltener Gefühle von Selbstzweifel erleben. 

Studien zeigen zwar, dass das Hochstapler-Syndrom in allen demographischen Schichten und bei beiden Geschlechtern auftreten kann. Trotzdem stellt sich hier die Frage, ob das Hochstapler-Syndrom in vielen Fällen nicht eine hausgemachte Krankheit einer noch immer sehr stark männerdominierten Gesellschaft ist. Sexistische Stereotypen halten sich in allen Gesellschaftsschichten und machen es Frauen schwerer, an die eigenen Fähigkeiten oder Chancen zu glauben. Aussagen wie “Frauen wären aufgrund ihrer Emotionalität die schlechtere Wahl für Führungspositionen” oder “Frauen sind nicht gut mit Zahlen oder wissenschaftlichen Fächern” begleitet viele Frauen seit jungen Jahren und manifestiert sich in Glaubenssätzen, die sich später in Form des Hochstapler-Syndroms äußern könnten. Nicht selten wird auch eine direkte Verbindung zwischen der Attraktivität von Frauen und ihrem Intellekt gezogen, die jene automatisch auf ihre äußeren Merkmale reduziert. Rückblickend betrachtet habe auch ich versucht, diesem Vorurteil gegenzusteuern und habe mich automatisch weniger weiblich und extrovertiert gekleidet, um hoffentlich ernster genommen zu werden. Noch heute verfolgen mich diese Gedanken. Wenn ich mal ein kürzeres Kleid ins Büro anziehen will, überlege ich direkt, ob das angemessen ist und ob ich damit überhaupt ernst genommen werde – und hierbei geht es nur um ein einfaches, schlichtes Sommerkleid.

Natürlich können sich auch ohne externe, gesellschaftliche Einflüsse durchaus Selbstzweifel im Bezug auf die eigenen Fähigkeiten bei Frauen und Männern entwickeln. Allerdings könnte das Hochstapler-Syndrom ein weiteres Label sein, dass man Frauen aufdrückt, ohne die dazu führenden Umstände verändern zu müssen. Und da Frauen stärker dazu neigen, Fehler bei sich selbst zu suchen, würden sich die meisten von ihnen wohl auch im Hochstapler-Syndrom wiederfinden, da es eine “Diagnose” passend zu ihren Symptomen darstellt. Die Studie “Das Klischee, dass es Mädchen an Talent mangelt: Eine weltweite Untersuchung” von Clotilde Napp und Thomas Breda unterstreicht, dass Frauen die Fehler eher bei sich suchen und davon ausgehen, dass es ihnen einfach an Talent und Wissen mangelt – während Männer ihr Versagen oder Fehler meist auf externe Faktoren schieben.

Wie das Hochstapler-Syndrom der eigenen Karriere schadet

Dass an sich selbst zu zweifeln der eigenen Entwicklung im Weg steht, ist wahrscheinlich eine logische Folge. Heikel wird es allerdings, wenn diese Selbstzweifel direkten Einfluss auf die eigene Karriere nehmen – insbesondere bei Frauen. Durch die Gender Pay Gap und andere finanzielle und soziale Ungleichheiten in unserer Gesellschaft haben Frauen noch immer das Nachsehen. Im Jahr 2022 verdienten Frauen 18 % weniger pro Stunde. Durch die Gender Pension Gap beziehen Frauen in Deutschland sogar um 59,6 % weniger Alterssicherungseinkommen als Männer. Heißt also, dass Frauen es sich eigentlich gar nicht leisten können, nur eine Sekunde an sich selbst zu zweifeln. Und doch steht vielen im Laufe ihres Arbeitslebens das Hochstapler-Syndrom im Weg und schadet ihrem finanziellen und beruflichen Aufstieg.

Obwohl das Hochstapler-Syndrom keine anerkannte Krankheit ist, kann diese extreme Form des Selbstzweifels psychologische Begleiterscheinungen wie Angstzustände, Depressionen und ein geringes Selbstwertgefühl mit sich bringen. Angstzustände limitieren häufig die Konzentrationsfähigkeit, während Depressionen sich extrem negativ auf das Gemüt und die eigene Antriebskraft auswirken, was wiederum zu einer geringeren Leistungsfähigkeit führt. So entsteht schnell ein Teufelskreis aus tief sitzenden Selbstzweifeln gepaart mit leistungseinschränkenden psychischen Erkrankungen. Auch ein geringes Selbstwertgefühl kann sich schnell negativ auf die eigene Karriere auswirken, da man selbst weniger an sich glaubt, für sich einsteht und so womöglich Chancen ausschlägt oder sich gar nicht erst zutraut. Selbst ohne psychische Begleiterscheinungen reicht das Hochstapler-Syndrom schon aus, um eine finanzielle und berufliche Besserstellung “zu verhindern”. Aus Angst, der neuen Aufgabe nicht gewachsen zu sein oder als Betrüger entlarvt zu werden, versuchen es viele erst gar nicht, sich auf besser bezahlte, höhere Positionen zu bewerben und bleiben auf einer bestimmten Sprosse der Karriereleiter stecken. Das führt automatisch dazu, dass besonders Frauen auf einer bestimmten Gehaltsebene bleiben, während meist Männer an ihnen vorbeiziehen und diese Stellen besetzen – unabhängig davon, ob sie für diese Position wirklich besser geeignet wären als ihre weiblichen Kolleginnen.

Wie du Selbstzweifel aka das Hochstapler-Syndrom loswerden kannst

Zugegeben: So ganz wird man das Hochstapler-Syndrom oder seine Ausläufer nie los. Auch wenn mich Selbstzweifel schon lange nicht mehr davon abhalten, nach höheren Positionen oder mehr Gehalt zu streben, ertappe ich mich immer wieder dabei, wie sich altbekannte Gedanken in meinen Kopf einschleichen – meist bei Aufgaben, von denen ich weiß, dass ich sie kann. Aber wie genau lassen sich die Symptome des Hochstapler-Syndroms jetzt “loswerden”?

Es hilft zunächst, einmal eine Inventur deiner Talente, (Berufs-)Erfahrung, deines Wissens und Fähigkeiten zu machen, um dir bewusst zu werden, dass du definitiv für deinen Job oder eine Aufgabe qualifiziert bist. So wirst du wahrscheinlich auch merken, dass die Wahrscheinlichkeit, dass dich jemand als Betrüger entlarvt, gering bis gar nicht vorhanden ist.

Auch Mentoren oder Arbeitskolleginnen und -kollegen können dabei helfen, weniger an den eigenen Fähigkeiten und Leistungen zu zweifeln. Frag sie ab und an nach ehrlichem Feedback was deine Arbeitsweise, Kommunikation und die Ausführung deiner Projekte und To-Dos betrifft. 

Etwas, das mir persönlich geholfen hat, alte Denkmuster abzulegen, war das Buch “How Women Rise: Break the 12 Habits Holding You Back" von Marshall Goldsmith und Sally Helgesen. In dem Buch beschreiben die beiden Autoren 12 Gewohnheiten, die Frauen in ihrer Karriere häufig zurückhalten, darunter “Die Perfektionismus-Falle”, “Die Erwartung, dass andere unsere Arbeit plötzlich bemerken und wertschätzen”, “Das Selbst-Kleinreden” oder “Die Zurückhaltung, sich die eigenen Erfolge anzuheften”. Nicht alle Gewohnheiten müssen auf dein Verhalten am Arbeitsplatz zutreffen. Allerdings können schon die kleinsten Dinge einen großen Einfluss auf deine Selbstwahrnehmung haben und sowohl Selbstzweifel als auch das Gefühl des Hochstapler-Syndroms fördern. In jedem Fall kann das Buch dabei helfen, sein Verhalten und die Denkweise gegenüber der eigenen Karriere und Erfolge neu zu sortieren – und im besten Fall abzulegen. 

Abschließend ist es wichtig, die strukturellen und sozialen Mechanismen zu bekämpfen, die zum Imposter-Syndrom beitragen – insbesondere für Frauen. Für eine gleichberechtigtere Gesellschaft zu kämpfen wird nicht nur deiner psychischen Gesundheit und deinem Karriereweg zugutekommen, sondern auch der nächsten Generation von Frauen helfen, sich glücklicher und selbstbewusster in ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Talenten zu fühlen. Und davon profitieren wir alle.

Beiträge, die dem folgenden Thema entsprechen

Von Kassandra Pavlidis

Content Marketing Specialist, DACH

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