Eine lächelnde Frau auf einem Sofa.

Wie können wir die finanzielle Chancengleichheit für Frauen weltweit verbessern?

Das Gespräch mit Alina Grotz von Women for Women macht deutlich, wie N26 für Frauen in der Finanzwelt weltweit mehr finanzielle Chancengleichheit garantieren kann und warum das so wichtig ist.

Lesezeit: 7 Min.

Die Vereinten Nationen (UN) betonen, dass die finanzielle Inklusion von Frauen ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Bekämpfung der Armut bis 2030 ist. Daher stellt sich die Frage, wie wir Frauen besser dabei unterstützen können, diese finanzielle Chancengleichheit zu erreichen. Um das zu verstehen, hat Alina Grotz von Women for Women International wertvolle Erkenntnisse aus ihrer humanitären Arbeit mit uns geteilt.

Eine Milliarde Frauen haben kein Bankkonto

Weltweit sind nur 47 % der Frauen erwerbstätig, während es bei den Männern ganze 72 % sind. Wegen dieses fehlenden Zugangs zu Arbeit sind 56 % der Personen, die kein Bankkonto haben, Frauen. Das hat zur Folge, dass weltweit fast eine Milliarde Frauen keine eigene Bankverbindung haben. Und diese finanzielle Geschlechterungleichheit verstärkt das fehlende Gleichgewicht in der Welt. Sehen wir uns ein Beispiel an: In Ländern wie Pakistan und Südsudan werden weniger als 30 % der Kredite bei Geschäftsbanken von Frauen aufgenommen. In europäischen Ländern wie Dänemark und Polen sieht es ganz anders aus – hier sind fast 50 % der Kreditnehmer Frauen.

Auch Alina kennt dieses Ungleichgewicht in ihrem Berufsalltag aus erster Hand: „In den Regionen, in denen wir aktiv sind, hat der mangelnde Zugang von Frauen zu Bildung, Arbeit und Krediten zu einem enormen Lohn- und Wohlstandsgefälle geführt: Die Frauen verdienen weniger und darum bauen sie auch seltener ein eigenes Vermögen auf. Studien zufolge würde es bei dem Tempo der derzeitigen Entwicklung 132 Jahre dauern, bis bei Lohnzahlungen absolute Parität erreicht werden könnte.“

Die Bedeutung der Repräsentanz

Die fehlende Repräsentanz im Finanzbereich hat weitreichende Folgen. „Die Repräsentanz ist entscheidend“, betont Alina, „und das gilt tatsächlich für alle Lebensbereiche. Denn wenn Frauen und andere marginalisierte Gruppen bei Finanzfragen außen vor sind, führt das häufig dazu, dass sie sich in diesem Sektor keine eigene Karriere zutrauen. Und das ist – einmal mehr – Teil eines Teufelskreises. Die Auffassung, dass Frauen weniger Affinität zu Zahlen, Finanzen und Mathematik haben, ist in vielen Teilen der westlichen Welt überholt. Aber in den Ländern, in denen wir arbeiten, werden Frauen bei diesem Thema oft nicht ins Gespräch mit einbezogen. Das verstärkt das System der Abhängigkeit und stellt einen strukturellen, tief verwurzelten Bestandteil des patriarchalen Machtgefälles dar.“

Doch wenn Frauen einen Zugang zu einer auf Chancengleichheit beruhenden Repräsentanz bekommen, dann zieht das positive Veränderungen nach sich. Mit jeder Frau, die eine hochrangige Führungsposition im Finanzsektor übernimmt, kommen im Durchschnitt drei Frauen in eine leitende Position. Dieses Phänomen bezeichnet man als Multiplikatoreffekt. Untersuchungen haben gezeigt, dass die ausschlaggebende Anzahl in einer Gruppe eine Repräsentanz von 30 % ist, um in der Hauptgruppe Veränderungen bewirken zu können. 

„Wenn Frauen im Finanzsektor erfolgreich und auf Podien, Plattformen und in Interviews vertreten sind, kann dies auch andere Frauen dazu ermutigen, einen ähnlichen Karriereweg einzuschlagen“, betont Alina. „Und so geht man auch die anhaltende Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen an. Wenn man die Stimmen von Frauen durch Plattformen und Netzwerke stärkt, kann das dazu beitragen, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, Freundschaften und gegenseitige Unterstützung von Frauen untereinander zu ermöglichen.“

Der Dominoeffekt, wenn Frauen ein Mitspracherecht bekommen

Wenn Frauen mehr Zugang zu Finanzdienstleistungen bekommen, trägt das nicht nur zur Verringerung der Geschlechterkluft und zur Förderung des Wirtschaftswachstums bei, sondern wirkt sich im Allgemeinen positiv auf Debatten rund um Währungs- und Finanzpolitik aus. Außerdem führt die Verringerung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Erwerbsbevölkerung zur Reduzierung der Lohnungleichheit und sie steigert gleichzeitig das BIP vieler Entwicklungsländer. Gibt man Frauen in Entwicklungsländern ein Mitspracherecht, kann das zudem die Gesellschaft auch über den Finanzbereich hinaus entscheidend beeinflussen, wie Alina hervorhebt:

„Die Stimmen der Frauen sind stark und das Mitspracherecht von Frauen stärkt häufig die Bedürfnisse einer ganzen Gemeinschaft und nicht nur die einer einzelnen Person. Aus unserer 30-jährigen Erfahrung in der Arbeit mit extrem armen, ausgegrenzten Frauen in Konfliktgebieten wissen wir, dass Frauen entscheidende Veränderungen bewirken können: Wenn sie die richtige Unterstützung, die richtigen Netzwerke, Fähigkeiten und Kenntnisse zur Verfügung gestellt bekommen, können sie nicht nur ihr eigenes Leben verändern, sondern auch einen Wandel in Gemeinschaften herbeiführen, die jahrzehntelang von Konflikten geplagt wurden.“

Die weltweite Verbesserung der finanziellen Chancengleichheit für Frauen

Die finanzielle Realität von Frauen weltweit zu verbessern ist ein hochgradig komplexes Unterfangen. Dafür ist eine kollektive Anstrengung nötig, die an der Schnittstelle verschiedener Sektoren stattfindet. Hierfür müssen politische Entscheidungsträger, führende Köpfe der Industrie, kulturelle Persönlichkeiten, Graswurzelbewegungen und Wohltätigkeitsorganisationen wie Women for Women International beteiligt sein. Die Anstrengungen, die hierfür nötig sind, sind umfassend. Sehen wir uns hier in einem allgemeinen Überblick an, mit welchen Möglichkeiten wir die finanzielle Situation von Frauen weltweit gemeinsam verbessern können.

Verbesserung des Zugangs zu Finanzdienstleistungen

Im Gegensatz zu den konventionellen Banken versucht das mobile Banking, für alle gleiche Voraussetzungen zu schaffen, indem es den Zugang zu Bankgeschäften erleichtert. Das gilt vor allem für Länder mit einer geringen Bankendichte. Vor allem in afrikanischen Ländern wie Tansania, Uganda und Kenia ist das mobile Banking sehr beliebt. In nur vier Jahren, zwischen 2014 und 2018, stiegen die mobilen Transaktionen in Ghana von 8 % des BIP auf erstaunliche 74 % an

Neben dem mobilen Banking haben Mikrofinanzierungsinstitute auch den Zugang zu Finanzdienstleistungen, vor allem für Frauen, weiter verbessert. Während beispielsweise in Bangladesch bei Geschäftsbanken nur 10 % der Kreditnehmer Frauen sind, machen Frauen beim Anteil der Kreditnehmer von dortigen Mikrofinanzdiensten 91 % aus. Und dieses Muster kann man mittlerweile in vielen asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern beobachten. 

Mitspracherecht für Frauen

Frauen Zugang zu Finanzinstrumenten und -dienstleistungen zu verschaffen, ist ein wichtiger Schritt. Aber es ist für Frauen genauso wichtig, sichere Räume zu erhalten, wo sie lernen, Wissen austauschen und ihre Finanzkenntnisse verbessern können. Alina erklärt hierzu: „Vor allem im Hinblick auf das finanzielle Empowerment von Frauen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie ihre Geschäftsideen mit anderen teilen, Zugang zu Krediten haben und wissen, wie Ersparnisse ihre eigene Unabhängigkeit verbessern können.“ „In der Vergangenheit konnten wir bereits sehen, wie Frauen kreative und innovative Geschäftsideen entwickeln, wenn man ihnen Gehör verschafft und sie dabei unterstützt, sich zu vernetzen.“

„Im Rahmen unseres Dorfsparprogramms (Village Savings and Loans Associations; VSLAs) sparen marginalisierte Frauen gemeinsam Geld, gründen zusammen Unternehmen und bauen Kooperativen auf. So gewinnen sie auf dem Markt mehr Einfluss und können sich gegenseitig Startkredite mit geringen Zinssätzen geben.“ 

„Diese Spargruppen in den Dörfern sind für Frauen ein wirksames Instrument, um ihre Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zurückzugewinnen: Denn so werden ihre Ideen in einem sicheren Umfeld gehört und sie erhalten außerdem den nötigen Zugang, um diese Ideen mit Leben zu füllen. Wir sehen in all unseren Programmländern, dass es zu strukturellen Veränderungen führen und ganze Gemeinschaften verändern kann, wenn Frauen ein Mitspracherecht bekommen.“

Verbesserung der Partnerschaft mit Männern

Ein Mitspracherecht hat für Frauen jedoch nur eine geringe Wirkung, solange die Männer ihnen nicht zuhören. Laut Alina spielen Männer eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, Frauen mehr Gehör zu verschaffen. Unsere langjährige Erfahrung in verschiedenen Ländern hat uns gezeigt, dass Männer starke Verbündete für die Rechte der Frauen sein können. Das gilt insbesondere in patriarchalischen Gesellschaften. Man kann sagen, dass die Männer hier als „Torwächter“ einer Kultur fungieren, die die Rolle der Frauen einschränkt und gleichzeitig ihre männliche Identität formt und begrenzt. Wir sind davon überzeugt, dass die Einbindung von Männern ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu mehr Mitspracherecht für Frauen und einem stärkeren Schutz ihrer Rechte ist.“ 

Stärkung aller Frauen

Für die weltweite Verbesserung der Lebensumstände von Frauen ist ein ganzheitlicher Ansatz ein wesentlicher Bestandteil von Alinas Arbeit bei Women for Women International. „Wir hoffen, dass Finanzdebatten in der Zukunft inklusiver werden. Studien zufolge sind im Südsudan über 90 % der Frauen Analphabeten. Somit sehen sie sich beim finanziellen Empowerment offensichtlich mit ganz anderen Hindernissen als beispielsweise Frauen in Deutschland konfrontiert. Diese Unterschiede müssen wir anerkennen und dann einen bedarfsgerechten Ansatz verfolgen, der die Lebensrealitäten von Frauen überall auf der Welt widerspiegelt. Denn nur dann können wir dem Versprechen gerecht werden, dass niemand auf der Strecke bleibt.“

„Als Frauenrechtsorganisation wollen wir, dass Bedürfnisse und verschiedene Realitäten im Hinblick auf Finanzdebatten inklusiver, postkolonialer und vielfältiger dargestellt werden. Denn heutzutage ist der Finanzsektor immer noch elitär und wird von weißen Männern dominiert. Wenn wir ernsthaft von gleichberechtigter Repräsentanz sprechen wollen, müssen wir zuerst die Konzepte der intersektionalen Diskriminierung und der patriarchalischen Machtstrukturen anerkennen und verstehen.“


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