Eine Frau sitzt auf einem Schreibtisch und schreibt in ein Notizbuch.

Warum es Kreditkarten in Europa schwer haben

Von der Gesetzgebung bis hin zu Datenschutzbedenken – wir schauen uns an, warum Kreditkarten in Europa noch immer einen schlechten Ruf haben.

Lesezeit: 10 Min.

Schon seit seiner Einführung haben die Menschen immer Mittel und Wege gefunden, sich Geld zu leihen. Früher wurden derartige Geschäfte vielleicht noch per einfachem Handschlag zwischen Familienmitgliedern oder Freunden besiegelt. Inzwischen gibt es allerdings moderne Banksysteme und Technologien, mit denen du dir einfach und unkompliziert Geld leihen kannst. Dabei muss es nicht unbedingt um große Kredite für den Haus- oder Autokauf gehen. Wahrscheinlich nutzt auch du eine der gängigsten Methoden, die es auf unserem Planeten gibt, um sich Geld zu leihen – nämlich eine Kreditkarte. 

Kreditkarten werden überall auf der Welt genutzt und als Zahlungsmittel akzeptiert. Das Prinzip ist dabei ziemlich einfach: Du gibst mit deiner Karte Geld aus und zahlst den entsprechenden Betrag dann später zurück. Dabei kannst du wählen, ob du den Gesamtbetrag monatlich begleichst oder die geschuldeten Summen auflaufen lässt und Zinsen dafür zahlst. Kreditkarten sind mit einem gewissen Risiko verbunden, haben aber auch Vorteile. So kannst du mit einer Kreditkarte ganz einfach in unterschiedlichen Währungen bezahlen, wenn du auf Reisen bist. Außerdem ermöglichen sie dir große Einkäufe – und können auch zu einer guten Bonität bei deiner Bank bzw. Wirtschaftsauskunfteien beitragen. Es ist also nicht verwunderlich, dass manche Gesellschaften fast ausschließlich mit diesem kleinen Stück Plastik zahlen. Allerdings gibt es nach wie vor auch Orte, an denen sich dieses Zahlungsmittel noch nicht durchgesetzt hat. 

Europa ist ein wunderbares Beispiel: Die meisten Menschen zahlen hier nach wie vor am liebsten bar. In Ländern wie Frankreich sind Prepaid- und Debitkarten zwar recht beliebt, doch in Europa insgesamt sind Kreditkarten deutlich weniger verbreitet als zum Beispiel in Kanada oder den USA. Und obwohl die Europäer als sparsam gelten, sind sie interessanterweise in anderen Bereichen gar nicht so abgeneigt, Schulden zu machen. Und dennoch haben sich Kreditkarten hier noch nicht durchgesetzt. Warum haben es Kreditkarten in Europa also so schwer? Und besteht vielleicht die Möglichkeit, dass die Nutzung von Kreditkarten hier bald auch deutlich zunimmt?

Kreditkartennutzung bedeutet nicht gleich Bonität

Zunächst einmal solltest du den Begriff „revolvierender Kredit“ kennen. Dabei handelt es sich um Kredite, die bis zu einer bestimmten Kreditlinie wiederholt in Anspruch genommen werden können, auch wenn die Tilgung schon läuft. In manchen Ländern ist diese Art von Kredit von entscheidender Bedeutung, um die eigene Bonität gegenüber der Bank zu demonstrieren. Konkret bedeutet das, dass du der Bank auf diesem Wege zeigst, dass du deine Schulden rechtzeitig zurückzahlst. In den USA zum Beispiel kannst du dir Kreditwürdigkeit bzw. Bonität „erarbeiten“, in dem du dir eine Kreditkarte zulegst und diese verwendest. Die regelmäßige Tilgung deiner Kreditkartenschulden ist hier eine wichtige Voraussetzung für quasi alles – ganz egal, ob du dir eine Wohnung mieten oder ein Darlehen zu günstigen Konditionen aushandeln möchtest. In Europa hingegen wird die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern anders oder auch überhaupt nicht berechnet. Schauen wir uns einmal ein paar Beispiele an. 

In Deutschland musst du dir das Vertrauen der Kreditvermittlungsbüros nicht erst dadurch erarbeiten, dass du Kredite aufnimmst. Stattdessen hat hier jeder Einwohner und jede Einwohnerin zunächst einmal einen Kredit-Score von 100. Immer, wenn du Schulden anhäufst, zieht die SCHUFA Punkte ab. Es bringt dort also nichts, bei jedem Einkauf deine American Express zu zücken – ganz im Gegenteil: Tatsächlich könnte es sich sogar negativ auf deinen Kredit-Score auswirken. In Spanien wiederum gibt es ein komplett anderes System, bei dem der „negative“ Kredit-Score im Fokus steht. Die Zentrale Risikoinformation (CIR) behält hier alle noch nicht beglichenen Schulden im Blick und kann Verbraucher sogar auf eine Blacklist setzen, sodass sie für bis zu sechs Jahre keine Darlehen erhalten. 

Frankreich setzt auch bei den Krediten – wie sollte es auch anders sein – auf Beziehungen (natürlich zwischen dir und deiner Bank!). Um hier Zugang zu Darlehen zu erhalten oder neue Kredite zu beantragen, musst du ein Girokonto eröffnen und eine langfristige und auf Vertrauen basierende Beziehung mit deiner Bank aufbauen. Du möchtest deine Bank wechseln? Dann fängt das ganze Prozedere noch einmal von vorn an – denn gemäß den Vorschriften dürfen Banken keine Kundendaten austauschen. 

Du siehst also: Jedes Land hat seine ganz eigene Vorgehensweise, mit der Verbraucher ihre Kreditwürdigkeit unter Beweis stellen können. Nur in wenigen Fällen ist dabei jedoch das Eröffnen einer Kreditlinie im Spiel. Folglich stellt sich die Frage: Warum sollte man sich in Europa überhaupt eine Kreditkarte zulegen?  

Prämien und Vorteile sind nicht unbedingt sehr attraktiv

Seien wir ehrlich: Es ist doch verlockend, wenn wir fürs Geldausgeben belohnt werden. Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Dann hast du vielleicht noch nichts von der wunderbaren Welt der Kreditkartenpunkte gehört. Je nachdem, wo du lebst, kannst du mit Kreditkartenpunkten und großzügigen Prämien für deine Anmeldung alles von kostenlosen Flügen über Geschenkgutscheine bis hin zu Cashback erhalten. Es gibt Länder, in denen derartige Prämien weit verbreitet sind. Hier haben die Kunden einen echten Anreiz, sich gleich mehrere Kreditkarten zuzulegen. 

Doch man darf nicht vergessen, dass Kreditkarten-Prämien nicht wirklich kostenlos sind. Finanziert werden sie durch die Gebühren (vor allem durch die sogenannten „Interbankenentgelte“), die der Händler der ausstellenden Bank für die Kartenbearbeitung zahlt. Banken möchten natürlich weiterhin Einnahmen durch diese Gebühren erzielen. Also geben sie Gewinne in Form von Prämien an die Kunden weiter.

In Europa wird jedoch inzwischen durch EU-Verordnungen der Betrag, den ausstellende Banken von Händlern verlangen können, nach oben begrenzt. In derselben Verordnung wird auch der Betrag von Prämien limitiert, die die Banken ihren Kunden anbieten dürfen: Dieser Betrag darf nicht über dem Betrag liegen, den die jeweilige Bank von den Händlern erhält. Folglich profitieren die Banken nicht so sehr davon, wenn sie ihren Kunden Kreditkarten anbieten. Und auch wenn Kreditkarten im Alltag ab und an praktisch sind, sind sie durch die kaum vorhandenen Prämien und Vorteile auch für Kunden nicht wirklich interessant. 

Europäer legen Wert auf Datenschutz – und zahlen lieber bar

Die Tatsache, dass Kreditkarten in Europa nicht so verbreitet sind, lässt sich möglicherweise einfach darauf zurückführen, dass Europäern Bargeld lieber ist. Eine aktuelle Studie der Europäischen Zentralbank kam zu dem Ergebnis, dass Bargeld in der Eurozone das an der Verkaufsstelle am meisten genutzte Zahlungsmittel ist: Es kommt bei 59 % der Transaktionen zum Einsatz. Außerdem akzeptierten ganze 95 % der Einrichtungen Barzahlungen.  

Hier lohnt sich der Blick auf ein paar konkrete Daten aus Deutschland, wo das Sprichwort „nur Bares ist Wahres“ nach wie vor größtenteils zutrifft. Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte Bargeld gewissermaßen dafür, dass auch jene, die keinen Zugang zu ausgereifteren Finanzprodukten hatten, die gleichen Wettbewerbsbedingungen am Markt nutzen konnten. Dieser Trend hält auch heute noch an. Laut einer Umfrage der Deutschen Bundesbank wurden 58 % aller Zahlungen in Deutschland bar beglichen. Auf dem zweiten Platz landeten Zahlungen per Debitkarte. Auf die Frage, warum sie Bargeld lieber mögen, gaben 55 % der Befragten an, dass dieses Zahlungsmittel aufgrund der damit verbundenen Anonymität für sie so attraktiv sei. 

Das ist ein wichtiger Punkt. Denn es stimmt: Um eine Kreditkarte zu erhalten, musst du deine Daten gegenüber der ausstellenden Bank offenlegen. Diese wird sich dann dein Profil anschauen, um dir eine Kreditlinie anzubieten. In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion sind die Menschen tendenziell eher skeptisch, wenn sie ihre Daten offenlegen sollen – was in Anbetracht der Geschichte dieser Länder mit der zeitweise vorherrschenden staatlichen Überwachung wenig verwunderlich ist. Diese Skepsis herrscht dort auch heute noch, wenn es darum geht, Daten gegenüber Firmen preiszugeben: In der Umfrage der Bundesbank gaben 95 % der Befragten an, dass sie aktuell tendenziell eher kein Konto bei Amazon, Facebook oder anderen Online-Unternehmen haben. 

Und diese Präferenz schlägt sich auch in den geltenden Verordnungen nieder. In Europa gibt es strenge Datenschutzgesetze, die diese kulturelle Vorliebe aufgreifen – es handelt sich dabei um eine der Maßnahmen, mit der die EU Verbraucher schützt. Darüber hinaus hat das Europäische Parlament 2022 neue Gesetze eingeführt, die Verbraucher vor einer zu hohen Schuldenlast schützen. So wurden beispielsweise die Werbemöglichkeiten eingeschränkt. Außerdem haben die Kreditnehmer nun mehr Möglichkeiten, um von einem Darlehensvertrag zurückzutreten.

Auch Europäer haben Schulden – bloß keine Kreditkartenschulden

Trotz der starken Regulierung machen auch Europäer jede Menge Schulden – eben bloß nicht mit Kreditkarten. Im Januar 2023 lag die Haushaltsverschuldung in Europa bei 57,4 % des BIP. Mit 228 % des durchschnittlichen verfügbaren Haushaltseinkommens hat Dänemark die höchste Quote in ganz Europa. In Slowenien, Ungarn und Polen hingegen war die Rate am niedrigsten. Am weitesten verbreitet sind unter anderem Darlehen, Spezialhypotheken und Sonderkredite. Und auch die Rate der Verbraucherkredite steigt – in Griechenland liegt sie inzwischen bei 63 %, gefolgt von 41 % in Polen und 40 % in Italien. 

Der deutliche Anstieg bei der Inanspruchnahme von Verbraucherkrediten betrifft dabei vor allem junge Menschen. Auch wenn sie keine Kreditkartenschulden anhäufen, nutzen viele Verbraucher Finanzprodukte, die ein späteres Bezahlen nach dem Motto „Buy now, pay later“ ermöglichen. Dabei bleiben die Personen liquide und zahlen in Raten. Statt revolvierenden Krediten setzen Europäer also tendenziell eher auf Verbraucherkredite für konkrete Käufe. Eine Studie von Finance Watch zum Markt für Verbraucherkredite in der EU legt nahe, dass diese Kredite tendenziell bei weniger als 200 € pro Kauf liegen und vor allem von Kunden mit einem niedrigeren Einkommen in Anspruch genommen werden. 

Der Anstieg bei den Verbraucherkrediten ist möglicherweise beeinflusst von der sich verändernden Haltung gegenüber Schulden. Doch auch die hohe Inflation und die zunehmend destabilisierende Wirkung der immer weiter steigenden Lebenshaltungskosten treiben diese Entwicklung voran. Wenn dann noch die hohe Arbeitslosigkeit dazu kommt, entsteht schnell eine Situation, in der viele Verbraucher Schulden machen müssen, um ihre Lebenskosten zu decken. 

Werden sich Kreditkarten in Europa jemals durchsetzen? 

Auch wenn die Verbraucher in Europa Kreditkarten nach wie vor skeptisch gegenüberstehen und lieber mit Bargeld zahlen, könnte es auch hier bald Veränderungen geben. Die COVID-19-Pandemie hat zu einem massiven Anstieg von kontaktlosen Zahlungen in Europa geführt, und das auch bei kleineren Beträgen. Kreditkarten, die vor allem für größere Käufe genutzt werden, wurden im vergangenen Jahr bei 10 % der Umsätze in Deutschland als Zahlungsmittel genutzt. Egal ob online oder offline: Aktuell werden Kartenzahlungen von mehr Geschäften denn je akzeptiert. Einige Einzelhandelsketten wie zum Beispiel IKEA bieten sogar eigene Kreditkarten oder Payback-Karten an.

Doch das bloße Interesse seitens der Verbraucher ist möglicherweise nicht ausreichend, um einen Wandel hin zu einer Gesellschaft voranzutreiben, die Karten wohlwollender gegenübersteht. Die meisten Regierungen, vor allem in Südeuropa, limitieren die Höhe der Zinskosten, die Kartenaussteller Verbrauchern in Rechnung stellen dürfen. Gleichzeitig gibt es aber in Ländern wie Deutschland verbraucherfreundliche Konditionen für Dispokredite. Das bedeutet, dass sich die Verbraucher hier zu recht günstigen Konditionen Geld leihen können – zumindest aktuell. 

Wie sieht also die potenzielle Zukunft von Kreditkarten in Europa aus? Hier spielen zwei zentrale Faktoren eine Rolle: kundenfreundlichere Finanzprodukte und eine technisch ausgereiftere Berichterstattung zu Kredit-Scores. Wenn die Nachfrage danach steigt, könnte das langfristig dazu führen, dass Kreditkarten stärker akzeptiert und genutzt werden. In der gesamten EU wächst das Interesse an kontaktlosen Zahlungen, Verbraucherkrediten und On-Demand-Services wie Online-Shopping oder Fahrgemeinschaften. Möglicherweise entsteht so eine Situation, in der Kreditkarten endlich Fuß fassen können. Doch gib nicht gleich all dein Bargeld aus – diese Entwicklung kann sich noch hinziehen. 


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Egal, ob du lieber mit Karte oder bar bezahlst: N26 ist die mobile Bank, die sich an dich und deine Bedürfnisse anpasst. Eröffne ein neues rundum mobiles Bankkonto und erhalte eine kostenlose virtuelle Mastercard Debit. Damit wird das Einkaufen zum Kinderspiel. Und wenn für dich nur Bares Wahres ist, haben wir was für dich: Kunden in einigen europäischen Ländern können CASH26 nutzen, um Bargeld im Einzelhandel einzuzahlen oder abzuheben. Schluss also mit der lästigen Suche nach einem Bankautomaten. 

Wenn du eher nach einer Möglichkeit suchst, mit deinem vorhandenen Budget hauszuhalten, teste stattdessen eines unserer Prämienkonten. Hier erhältst du Zugriff auf 10 Spaces (Unterkonten), um Geld für deine individuellen Pläne und Ziele zurückzulegen. Du möchtest im Ausland kostenlos Geld am Automaten abheben? Geht klar. Du willst einen Kauf in mehrere Raten aufteilen und nach und nach abbezahlen? Auch hierfür haben wir eine Lösung – N26 Ratenzahlungen. Worauf wartest du also noch? Vergleiche jetzt die Kontotypen – du wirst begeistert sein von deiner Bank.

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Von N26

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