Porträt von Brendan Walsh - Portfoliomanager. Schriftsteller und Investor.

Trading vs. Investieren: die Unterschiede erklärt

Trading und Investieren – was ist der Unterschied? Und was ist das Beste für dich? Der erfahrene Investor Brendan Walsh beleuchtet das Thema und teilt seine Expertenmeinung.

Lesezeit: 7 Min.

Ich startete meine Karriere im Jahr 2006 als “Quant”, also als quantitativer Analyst und konzentrierte mich zunächst darauf, Risiken zu analysieren und bei Bedarf auszugleichen. Später wurde ich Portfoliomanager und ging selbst Risiken ein, statt sie nur zu bewerten. Risiko ist auch heute noch einer meiner Ausgangspunkte beim Investieren. Es ist der Grund dafür, dass wir eine Belohnung erwarten können. Aber Risiko hat viele verschiedene Gesichter. Dieser Artikel behandelt den Unterschied zwischen Trading und Investieren, welche Risiken damit verbunden sind, wie sie belohnt werden und was du wissen solltest, bevor du dich darauf einlässt.

Wer nach "Was ist der Unterschied zwischen Trading und Investieren?" sucht, erhält einige weitverbreitete Antworten und Erklärungen: Trading ist kurzfristig und Investieren ist langfristig, Trading ist riskant und Investieren ist sicher und so weiter.

Was ist besser, Trading oder Investieren? Ist Investieren besser als Daytrading?

Um diese Frage zu beantworten, muss man den Unterschied zwischen Trading und Investieren verstehen.

Daytrading vs. Investieren: Was ist der Unterschied?

Die Grundlagen des Tradings und des Investierens

Wenn Trading oder Investieren eine Diät oder ein Trainingsprogramm wären, welche Variante solltest du wählen, um deine Ziele zu erreichen? Möchtest du deine Marathonzeit verbessern, die Ergebnisse beim Bankdrücken im Fitnessstudio steigern oder einfach nur in die Kleidung passen, die du im letzten Schlussverkauf gekauft hast?

Was ist Trading und was ist Investieren? Wenn du investierst oder eine Aktie kaufst, erhältst du im Gegenzug gegebenenfalls eine Dividende und hoffentlich zusätzlich einen Gewinn, wenn der Aktienkurs steigt. Stell dir das Investieren vor wie das Verleihen deines Geldes. Als Gegenleistung bekommst du einen regelmäßigen Betrag, ähnlich wie Zinsen auf einem Bankkonto. Allerdings kannst du, anders als beim verzinsten Guthaben auf dem Bank- oder Sparkonto, auch noch mehr zurückbekommen, wenn das Unternehmen erfolgreich ist. Gleichzeitig kannst du aber auch leer ausgehen, wenn es scheitert.

Du gehst also ein Risiko ein und solltest deshalb mit einer Belohnung rechnen können. Wir nennen das eine Risikoprämie. Als InvestorIn ist es dein Ziel, diese Risikoprämie einzustreichen. Wenn du deiner Investition genügend Zeit gibst, sollte sie langsam, aber sicher wachsen. Die meisten AnlegerInnen investieren in ein Portfolio aus Aktien und anderen Vermögenswerten, entweder in Form von Direktinvestments oder mithilfe eines breit gestreuten, börsengehandelten Fonds (ETF). Letzteres ist oft deutlich kostengünstiger und flexibler.

Risiken und Belohnungen beim Trading und beim Investieren

Trading ist ein Duell zwischen dir und dem Markt, bei dem du vorhersiehst, was passieren könnte, eine Wette platzierst und dann profitierst, wenn das Ereignis eintrifft. Die Analogie zum Glücksspiel ist an dieser Stelle beabsichtigt. Einer der bekanntesten Trader, Ed Thorp, begann seine Karriere am Blackjack-Tisch. Seine Entwicklung vom Blackjack hin zum Trading ist kein Zufall. Blackjack ist ein Spiel, bei dem du, basierend auf den bereits ausgeteilten Karten, die Chancen auf ein Pikass, eine Kreuz-Neun oder eine andere Karte genau berechnen kannst – sofern du ein gutes Gedächtnis und Sinn für Zahlen besitzt.

Genau wie beim Trading machst du am Blackjack-Tisch Vorhersagen über die Zukunft basierend auf dem, was in der Vergangenheit passiert ist. Der Unterschied besteht darin, dass Trading viel komplexer ist als Blackjack. Es gibt nämlich keine gesicherten Tatsachen. Die Anzahl der Karten ist an den Finanzmärkten unendlich und die in der Vergangenheit gezogenen Karten sagen nichts darüber aus, was in der Zukunft eintrifft.

Trotzdem haben Menschen Erfolg in verschiedenen Bereichen des Tradings. Einige verdienen sogar ihren Lebensunterhalt damit. Warum ist das so? Manchmal können die Karten zu dir sprechen und die Märkte sind nicht perfekt. Kurz gesagt: Sie sind ineffizient – und das birgt eine Gelegenheit.

Investieren vs. Trading: Die Realitäten des Marktes

Markteffizienz: Mythos oder Realität?

Wenn du tradest, dann setzt du darauf, dass der aktuelle Marktpreis falsch ist. Aber in der Theorie können Märkte niemals falschliegen, weil so viele Menschen dasselbe handeln. Der Preis muss korrekt sein, oder? Falsch! Genau wie der Rest von uns sind Märkte nicht immer effizient.

Die Markteffizienzhypothese (Efficient-market hypothesis, EMH) besagt, dass man den Markt nicht schlagen kann und es deshalb nicht einmal versuchen sollte. Aber ich und viele andere teilen diese Meinung nicht. Hier ist die Kurzfassung: Es gibt KäuferInnen und VerkäuferInnen auf dem Markt, die sich nicht um den Preis kümmern.

Sie handeln, weil sie ihr Risiko reduzieren müssen oder als Land den Wert ihrer landeseigenen Währung bzw. ihre Zinssätze erhöhen oder verringern möchten. Die Beweggründe spielen keine wichtige Rolle und der Preis ist lediglich sekundär. Dies kann zu Fehlern in der Matrix führen. Wenn du genau diese Momente identifizieren kannst, sobald sie auftreten, verbessert sich plötzlich deine Chance, zu antizipieren, was als Nächstes passiert. Das nennen wir “den Edge”, also den Vorteil.

Trading: Was ist dein Edge?

Jeder Trader und jede Traderin braucht einen Vorteil bzw. einen Edge. Die Erkenntnis, um vorherzusagen, was Zentralbanken tun werden – und ein Talent für die Analyse von Mustern in Daten. Was auch immer dein Edge ist, mit dem du beim Trading erfolgreich sein kannst, du musst ihn zunächst identifizieren. Im Vergleich dazu brauchst du als InvestorIn nicht unbedingt einen Edge, du brauchst nur Zeit.

Trading spielt sich in der Regel in Zeitspannen von Millisekunden (sogenanntes High-Frequency Trading, HFT) bis hin zu Wochen oder Monaten ab, während das erfolgreiche Investieren im Gegensatz dazu Jahre dauern kann. Beim Trading wird oft Geld verdient, indem kleinste Ineffizienzen ausgenutzt werden und dann ein Hebel dafür sorgt, die Gewinne zu steigern. Im Gegensatz dazu wird beim Investieren normalerweise nur selten auf einen Hebel zurückgegriffen. Aber was ist eigentlich ein Hebel und warum ist er beim Trading wichtig?

Trading und Investieren in der Praxis

Hebel: Ein zweischneidiges Schwert

Trading kann zunächst leichter zugänglich erscheinen als das Investieren. Du musst nichts von Wirtschaft verstehen und du benötigst zum Start keine hohe Einzahlung, um viel Geld zu verdienen, denn der Broker wird dir zusätzliches Geld für das Trading leihen. Du setzt 100 Euro ein und der Broker leiht dir weitere 400 Euro, damit du mit 500 Euro handeln kannst. Das ist im Wesentlichen der Hebel mit einem Verhältnis von 5 : 1. Du kannst jetzt das Fünffache verdienen, wenn du richtig liegst. Das klingt zunächst großartig, es gibt aber auch eine Kehrseite der Medaille: Höhere Gewinne bedeuten auch höhere Verluste, wenn du falsch liegst – und erfolgreiches Trading ist alles andere als einfach.

Die besten TraderInnen liegen in fünf von zehn Fällen richtig – vielleicht auch in sechs Fällen, wenn sie außergewöhnlich gut sind. Das bedeutet, dass auch sie sich immer noch häufig irren. Erfolg im Trading bedeutet dementsprechend nicht, ausnahmslos richtigzuliegen. Es geht darum, nicht pleite zu gehen, wenn man sich irrt. Einen zu großen Hebel einzusetzen, ist einer der schnellsten Wege, um alles zu verlieren. Bei einem 10 : 1-Hebel wird dich eine Bewegung von nur zehn Prozent am Markt ausknocken.

Wenn du deinen Edge entwickelst, kann die Hebelwirkung daraus eine profitable Strategie machen. Dennoch musst du immer das Risiko des Bankrotts vermeiden. Um das zu erreichen, musst du das Risiko verstehen, einen Plan entwickeln und dich daran halten. Das ist alles machbar und kann erfolgreich sein, erfordert jedoch viel Arbeit und Zeit. Für viele wird das einfache Investieren deshalb über einen längeren Zeitraum hinweg eine viel höhere Erfolgswahrscheinlichkeit haben als das Trading.

Wähle dein Risiko

Es ist nichts falsch daran, den Kick zu suchen und Spaß an den Märkten zu haben. Wenn du jedoch dazu neigst, nur wegen des Nervenkitzels zu handeln und dann zu übertreiben, benötigst du entweder eine sehr strenge und restriktive Strategie oder du solltest beim langfristigen Investieren bleiben.

Also, was ist der Unterschied zwischen dem Investieren und dem Trading? Vielleicht gibt es für dich keinen. Was für die eine Person ein Trade ist, könnte für eine andere eine Investition sein. Es kommt darauf an, wie du den Markt betrachtest und ob du glaubst, einen Vorteil entwickeln und profitabel nutzen zu können – oder ob du einfach nur einen fairen Preis für dein Risiko erhalten möchtest.

Denke daran, dass dein Geld zwar auf einem Bankkonto relativ sicher aufgehoben sein mag, Investitionen an den Finanzmärkten den Wert dieses Geldes aber auch langfristig erhalten können. Alternativ kannst du durch das Entwickeln und Erarbeiten deines Edge beim Trading eine zusätzliche Rendite erzielen.

Es gibt keine Gewissheiten am Markt oder im Leben. Alles ist ein Risikokompromiss. Trading oder Investieren – wähle dein Risiko, triff deine Entscheidung und genieße die Reise.

Diese Aussagen stellen keine Anlageberatung in Bezug auf bestimmte Finanzinstrumente dar. Finanzinstrumente können hohen Wertschwankungen unterliegen. Ein Wertverlust oder ein vollständiger Verlust der investierten Beträge ist jederzeit möglich.

Beiträge, die dem folgenden Thema entsprechen

Von Brendan Walsh PhD

Brendan Walsh PhD, PRM. Portfoliomanager, Autor und Investor

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